Mit der Uraufführung des Stückes “Der Besuch" von H.G. Wells haben Sascha Löschner und Christof von Büren sowohl sich selbst, als auch den
Schauspielern und ihren Zuschauern Einiges zugemutet.
Löschners Bühnenadaption des Wellsschen Romans führt dem zunächst
verwirrten, dann begeisterten Zuschauer unsere zuweilen verdrehte und
verschrobene Welt mit ihren Abgründen und Perversitäten vor Augen. Die alte Frage, was es heißt, Mensch zu sein, wird hier gestellt und die gebotenen Antworten sind eher verstörend. Wie in einem Zerrspiegel werden menschliche Verhaltensweisen absurd auf die Spitze getrieben. Das Verrückte am Menschsein wird in dieser Stärke erlebbar, da das Publikum Anteil an der Wahrnehmung eines unschuldigen Engels erhält, der als unfreiwilliger “Besuch" unter den Menschen weilen muss. Wie dem Publikum so geht es einer Hauptfigur des Stückes, dem Vikar (Andre Vetters). Der durch den Engel (Jan Kittman) vorgehaltene Spiegel führt zur Auseinandersetzung mit sich selbst, zu Konflikten und damit auch zu Entwicklung.
In einem im wahrsten Sinne des Wortes schrägen Bühnenbild bewegen sich die Schauspieler in grotesken Kostümen und Masken über die Bühne. Meisterhaft sorgt Christof von Büren hier immer wieder für neue Überraschungseffekte. Löschner verlangt den Darstellern eine teilweise bizarre Mimik und Gestik ab.
Besonders die Figur des Mr. Mendham, männlicher Teil eines sadomasochistisch veranlagten Pärchens, herausragend verkörpert durch Sören Ergang, beeindruckt durch ihre exaltierte Körpersprache und Ausdrucksweise. Daneben mutet die Person der alten Lady Hammergallow (Manfred Ohnoutka) in all ihrer noch so extrem komischen Verschrobenheit fast schon vertraut an und wird durchaus zum Publikumsliebling.
Sowohl die Dialoge und die Darstellungsweise, als auch Bühnenbild, Kostüm und Maske bergen einen Reichtum an Symbolik und philosophischen Andeutungen. Trotz der Fülle der Möglichkeiten aus denen die Inszenierung schöpft, seien es die aufscheinenden Aspekte aus Comedia del Arte, Comic oder Pantomime, die musikalischen Untermalungen oder kleine Showeffekte, bleibt dem Stück doch eine erstaunliche Leichtigkeit und Einfachheit erhalten.
Der Mut Löschners, der hiermit sein Regiedebüt gibt, aber insgesamt auch der Mut des kleinen Stendaler Theaters der Altmark, dieses besondere Stück aufzuführen, scheint sich auszuzahlen. Das zur Premiere am 2.4.2011 voll besetzte Theater sparte nicht mit Applaus.

Olivia Zschaler